Kommunikation 1958/1959 – ein Rückblick auf David Ogilvy und Rolls-Royce

André Brömmel, 9. Januar 2017
Auf den Punkt:

In Abhängigkeit vom Umfeld, müssen Unternehmen entscheiden, wie viel Text sie ihren Zielgruppen zumuten können.

Bild schlägt Wort. Bewegtbild schlägt Bild. Wer in einer Anzeige oder bei Facebook nur einen Text nutzt, kann sich das Schreiben (fast) sparen.

Zeiten, in denen Zielgruppen willens oder bereit waren, seitenweise Text und Erläuterungen zu lesen, sind vorbei. Und das nicht erst seit gestern. Ein Rückblick: 1958/1959 überzeugte die weltberühmte Anzeige von David Ogilvy für den Rolls-Royce Silver Cloud die Menschen.

Legendär: die Anzeige von David Ogilvy für den Rolls-Royce Silver Cloud 1958/1959. Heute sind Anzeigen wie diese kaum noch vorstellbar.

On the average, five times as many people read the headline as read the body copy. When you have written your headline, you have spent eighty cents out of your dollar.

– David Ogilvy

Die Zahl der Kommunikationsbotschaften hat sich vervielfacht!
Wir müssen akzeptieren, dass Kommunikation aus den 50ern nicht mehr die gleiche sein kann. Wenn heute in Frankfurt die Bürger täglich mit 5.300 Werbekontakten „konfrontiert“ werden, dann muss die Art der Kommunikation dieser Tatsache Rechnung tragen: überraschen, witzig sein, Botschaften bündeln (wenngleich David Ogilvy das mit Bravur bereits immer schon getan hat), fokussieren auf einen Nutzen, mehr Bild statt Text einsetzen, Didaktik nutzen und letztlich auch sagen, was die Zielgruppe tun soll (sog. call-to-action).

Die Vorstellung, dass Anzeigen wie die für den Rolls-Royce heute noch gelesen würden, ist romantisch. Aber so wie die Romantik in der Architektur um ca. 1130 von der Gotik abgelöst wurde, ist das auch in Sachen Kommunikation längst schon passiert.

Statt der Gotik folgte in Sachen Kommunikation vielleicht in den 90ern der Realismus, in dem Kommunikation mit Fakten warb, die fundiert sein sollten. Zahlen wurden ventiliert, Tabellen abgebildet. Ich erinnere in der Arbeit für Talkline (aus Elmshorn) im Jahr 1998 das ständige Vergleichen der Geschwindigkeiten des Internet und das Anpassen der Preise für SMS an denen der Wettbewerber. Es folgte dann vielleicht die Moderne, in der der Wandel propagiert wurde, direkt abgelöst vom Digitalismus mit one-to-one-Kommunikation, Web 2.0, Mitmach-Web o.ä. Heute befinden wir uns vielleicht in der Realtime-Kommunikation. Das geht soweit, dass Videos von Unfällen online gestellt werden von Menschen, die lieber filmen als zu helfen. Ein denkwürdiger Trend, der seit Jahren zu beobachten ist.

Du bist, was du postest – jeden Tag.

Die Anzahl der Websites auf der Welt hat sich seit 2000 vervielfacht. Damit steigt automatisch auch die Menge der Botschaften. Das Durchdringen für den Einzelnen wird damit zugleich schwieriger (Stichwort Share of Voice bzw. Share of Advertising)

Was nicht im Internet ist, existiert nicht.

Digitalisierung ist allgegenwärtig. Sie zu nutzen ist Pflicht, nicht nur für jeden Marketer. Da hilft auch kein Jammern. Vielmehr sind Ideen gefragt, aus den sich bietenden Chancen etwas Sinnvolles zu machen, das Mehrwert stiftet, anderen nutzt und dabei die Menschlichkeit nicht aus den Augen verliert.

Unser Gehirn ist auf Weglassen programmiert. Unternehmen sollten es Ihren Zielgruppen bzw. den Gehirnen ihrer Zielgruppen daher lieber leichter machen und sich auf das Wesentliche fokussieren statt zu versuchen, alle Vorteile ihres Angebotes z.B. in einer Anzeige unterzubringen. Denn:

Botschaften sind wie Bälle, die man einer Person zuwirft: wirft man drei Bälle gleichzeitig, ist wahrscheinlich, dass die Person keinen einzigen Ball fängt. Wirft man einen Ball, muss man sicher davon ausgehen, dass die Person diesen einen Ball fängt. Unternehmen müssen entscheiden, ob sie lieber 1 Botschaft sicher ins Ziel bringen oder das Risiko eingehen wollen, beim Versuch, mehrere Botschaften zu vermitteln gänzlich zu scheitern. Wir von Punktmacher empfehlen, den einen sicheren Punkt zu machen.

Und da wären wir wieder am Anfang, nämlich bei David Ogilvy
Auch wenn der Rolls Royce sicherlich mehr Vorteile hatte, als leise zu sein, konzentrierte man sich in der Anzeige darauf, genau diesen Vorteil hervorzuheben. Das ist Fokus. Das macht Sinn.

Dem scharfsichtigen Betrachter wird allerdings nicht entgangen sein, dass Rolls-Royce bzw. Ogilvy in der Headline diesen einen Vorteil durch 2 weitere Besonderheiten zu artikulieren wusste:

Bei 60 Meilen in der Stunde kommt das lauteste Geräusch in diesem neuen Rolls-Royce von der elektrischen Uhr.“ (frei übersetzt)

  • dieser Rolls-Royce ist neu
  • dieser Rolls-Royce fährt mit Leichtigkeit 60 Meilen
  • dieser Rolls-Royce hat eine elektrische Uhr
  • dieser Rolls-Royce ist vor allem eines: leise

Intelligente Kommunikation braucht Menschen, die in einem Satz Bilder und Geschichten auszudrücken vermögen.

Mehr Mut zum Weglassen. Erfolgreich ist weniger, zu wissen, was man sagen will, sondern zu wissen, was man weglassen kann.

André Brömmel, 9. Januar 2017
Auf den Punkt:

In Abhängigkeit vom Umfeld, müssen Unternehmen entscheiden, wie viel Text sie ihren Zielgruppen zumuten können.