Aufbau und Pflege einer einzigartigen Marke nicht nur im Handwerk wichtig
Marketing? Zu aufwendig. Zu teuer. Funktioniert nicht. Brauchen wir nicht! Das sind wohl die gängigsten Antworten von Handwerksunternehmen und verleiten diese dazu, den strategischen Aufbau der eigenen Marke zu vernachlässigen. Ihrer Firma nehmen die Unternehmensführer so eine grundlegende Stütze für langfristigen Erfolg – ganz so, als würde ein Maurer beim Hausbau aus Kostengründen auf das Fundament verzichten.
Gute Handwerksunternehmen gibt es in Deutschland dank eines ausgeklügelten Ausbildungssystems wie Sand am Meer. Wenn jemand einen neuen Tisch haben möchte oder die Heizung defekt ist, braucht er nur das Telefonbuch aufzuschlagen und findet auf Anhieb fünf Schreiner, zehn Heizungsbauer und unzählige andere Dienstleister in der Nähe. Der gewünschte Fachmann muss nur angerufen werden, er erledigt seine Arbeit, geht – und wird häufig nicht noch einmal bestellt. Denn obwohl der Handwerker den Auftrag pflichtgemäß und zu einem annehmbaren Preis ausgeführt hat, hat er häufig beim Kunden keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Akkurat, modern, kostengünstig – das können inzwischen viele. Für eine anhaltend stabile Auftragslage muss gerade ein Handwerksunternehmen aber vielmehr zur Marke werden, die sich im Gedächtnis des Kunden positiv verankert und vom Wettbewerb eindeutig differenziert. Und hier liegt das Dilemma. Einfach formuliert: Differenzierung ist im Handwerk Mangelware.
Die Positionierung – der Bauplan
Am Anfang eines erfolgreichen Markenaufbaus steht die Positionierung. Dieser Prozess lässt sich mit einem Bauplan vergleichen: Bevor gehandelt wird, sollte man überlegen, was überhaupt wie entstehen soll. Um sich als authentische Marke von der Konkurrenz abzuheben, muss ein Unternehmen dabei nicht zum Alleskönner werden.
Es geht darum, herauszufinden, was es besonders gut kann und was es im Wettbewerb mit anderen Betrieben einzigartig macht. Arbeite ich besonders sauber? Beherrsche ich eine Technik, die sonst nur wenige bieten können? Verwende ich besondere Materialien? Sind die Mitarbeiter besonders kreativ? Besonders schnell? Besonders höflich? Diese Stärken oder Besonderheiten gilt es zu suchen, zu erkennen und festzuhalten. Klingt einfach, ist aber schwierig, weil der so genannte Tunnelblick die Sicht einengt. Heißt: Die eigenen Besonderheiten zu erkennen fällt außenstehenden deutlich leichter. Es empfiehlt sich daher, sich professionelle Hilfe zu holen – das lohnt sich.
Und noch ein Tipp: geschäftlich erfolgreiche Zeiten sind die beste Gelegenheit, diesen Prozess in Gang zu bringen. Denn es ist das nötige Kapital vorhanden und auch der Mut, etwas zu verändern. In schlechten Zeiten fehlt es meist an Kapital – und der Mut, etwas am Gebilde zu verändern, fehlt dann meist auch. Darüber hinaus braucht auch eine Positionierung Zeit, sich letztlich beim Kunden durchzusetzen. Wer in schlechten Zeiten denkt, mit einer neuen Positionierung das Ruder herumreißen zu können, liegt falsch. Marke muss sich etablieren. 12 Monate und länger braucht es, bis erste Früchte sichtbar werden. Es ist also Weitblick gefragt.
Wer in schlechten Zeiten denkt, mit einer neuen Positionierung das Ruder herumreißen zu können, liegt falsch – Marke muss sich etablieren.
Die Marketingmaßnahmen – der Hausbau
Wie in keiner anderen Branche gilt im Handwerk „Nicht lange quatschen, machen!„ Nachdem die Theorie auf dem Papier festgehalten wurde, können endlich konkrete markenkommunizierende Maßnahmen angepackt werden. Während auf dem Bau Stein für Stein aufeinandergesetzt wird, muss sich auch bei der Marke ein schlüssiges Gesamtbild ergeben. Verkauft ein Unternehmen besonders hochwertige Baustoffe wie z.B. Dielenböden, bieten sich z.B. entsprechend wertig produzierte Hauswurfsendungen an. Der Vorteil: Hauswurfsendungen lassen sich selektieren. Heißt: die Briefträger der Deutschen Post haben in den vergangenen Jahren Merkmale gesammelt wie z.B. Art der Häuser (Mehr- oder Einfamilienhäuser), Bewohner (Eigentum, Mieter), Baujahr oder geschätzte Haushaltsnettoeinkommen und viele andere Daten. Damit kann ein Unternehmen nun gezielter Kunden ansprechen. Im Falle der hochwertigen Dielenböden würde ein Unternehmen sich eher auf Einfamilienhäuser im Eigentum und Baujahr bis vielleicht 2000 fokussieren. Die Idee: Wer im Eigentum lebt, denkt vielleicht nach 20 Jahren über einen neuen Dielenboden nach. Dadurch neugierig gewordene Kunden sollten auf einen ansprechenden Internetauftritt stoßen. Nicht zu vergessen sind auch die Mitarbeiter, die das Unternehmen – und damit die Marke – nach außen vertreten. Lebt ein Unternehmen von sehr anspruchsvollen Kunden, ist ein zuvorkommendes Auftreten unerlässlich. Industrie/Baugewerbe stehen Marketing und Marke offenbar aber noch immer skeptisch gegenüber. Nur 47% dieser Unternehmen nutzen z.B. social media (Quelle: Social Media in deutschen Unternehmen, BITKOM, 2015; 2012 waren es nur 34%). Das ist immer noch unterdurchschnittlich und offenbar werden auch hier große Chancen übersehen – mindestens die Chance, sich vom Wettbewerb zu differenzieren.
Nicht quatschen, sondern machen. In deutschen Unternehmen wird noch immer zu viel Papier produziert – und zu wenig gemacht.
Laufende Arbeit an der Marke – die Instandhaltung und Renovierung
Selbst wenn ein Haus fertig gebaut ist, heißt das nicht, dass die Arbeit vorbei ist. Regelmäßig sind Instandhaltungsmaßnahmen fällig. Dieses Bild lässt sich auf das Markenmanagement übertragen: Wer seine Marke konsequent strategisch aufbaut und durch intelligente Ideen und punktgenaue Maßnahmen in Szene setzt, bleibt in Erinnerung und wird mit einer langfristig guten Nachfrage belohnt. Marke ist daher keine Institution für die Ewigkeit, sie unterliegt immer den Veränderungen des Marktes, also dem Angebot (Wettbewerb) und der Nachfrage (Kunden). Eine erfolgreiche Marke muss daher Trends nicht nur aufgreifen, sondern bestenfalls selbst setzen. „Unternehmer kommt von unternehmen„ sollte hier öfter wörtlich genommen werden.
Fazit: Marke und Positionierung ist keine Frage der Größe
Steve Jobs, CEO von Apple und Treiber des Unternehmens hat bis zu seinem Tod den Unternehmens-Slogan „Think different„ gelebt. Er hat alles in Frage gestellt, bereits gute Produkte auf den Prüfstand gestellt und nicht aufgehört, unzufrieden und kritisch zu sein, bis sein Unternehmen tatsächlich etwas besseres hervorbrachte. Er gilt bis heute als herausragender Visionär und Unternehmer. In Sachen Marke hat er alles richtig gemacht und es dadurch geschafft, seine Zielgruppe dazu zu bringen, für Apple-Produkte ein Vielfaches dessen auszugeben, was der Wettbewerb verlangt. „Ich bin doch nicht Apple„, könnten Unternehmen nun sagen. Stimmt. Aber die Mechanismen sind die gleichen. Da spielt Größe wirklich (!) keine Rolle. Marke ist das Ergebnis von Konsequenz und Überzeugung. BRÖTJE (Einfach näher dran.), Metabo (work. don’t play.), Spax (Do it once. Do it right.), Brillux (Mehr als Farbe) und andere belegen das eindrucksvoll. Also, nicht quatschen, machen! Ran an die Markenarbeit. Punkt.