Wo im Unternehmen das Marketing stehen sollte.

André Brömmel, 13. April 2020
Auf den Punkt:

Unternehmen, die innovatives Denken ihren Lieferanten und deren Produkten überlassen und Marketing zugleich als notwendiges Übel behandeln, handeln gefährlich. Fakt ist: jedes Unternehmen kann innovativ sein und daraus Differenzierung und Mehrwerte für Kunden entwickeln.

Innovation und Marketing sind die zwei wichtigsten Funktionen von Unternehmen. Was wie eine Plattitüde, Floskel oder einfache Formel klingt, ist – wohlgemerkt in der Marktwirtschaft – unumstrittene Wahrheit. Und obwohl bekannt, wird diese Tatsache von Unternehmern gelegentlich ignoriert. Innovationen oder gar disruptives Denken ist in den Unternehmen noch nicht selbstverständlich.

Peter Drucker hat noch immer Recht, als er einst sagte:

Business has only two functions – marketing and innovation. All the rest are costs.

Peter F. Drucker

Die Reihenfolge seiner Wort ist erheblich. Erst die Innovation. Dann das Marketing. Und zugleich ist auch die Abhängigkeit zueinander unstrittig. Innovation ohne Marketing ist wertlos. Und Marketing ohne Innovation ist endlich. Um man weiß heute, dass Innovation nicht von Marketing getrieben sein oder sich ihr unterordnen darf. Innovation ist ein losgelöster Prozess, nach dessen erfolgreichen Ende Marketing einsetzt.

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Was ist die erste Frage, die Ihnen Kunden stellen, wenn Sie Ihren Messestand besuchen?
Diese Frage stellen wir seit Jahren Vertriebsmitarbeitern, Marketern und Geschäftsführern in Gesprächen, wenn es um Messe, Ausstellungen oder Roadshows geht. Vertrieb – und meist auch Marketing – sind sich hier sehr einmal mehr einig: „Was gibt es Neues?“ Das ist die Kernfrage. Dagegen neigen Geschäftsführer zu schwammigeren Antworten in Richtung gewünschter Informationen, Gespräche, Händeschütteln etc. Es sei einmal mehr und deutlich gesagt: Eine Messepräsenz ohne Innovationen oder Weiterentwicklungen zu präsentieren, ist kritisch zu betrachten und wird schnell zur Geldvernichtung. Ohnehin sinkt die Relevanz von (nationalen) Messen (s. Artikel).

Übrigens: Der Wunsch von Kunden nach Neuheiten ist bei Messebesuchen und bei Besuchen des Außendienstes gleich groß. Außendienstler, die mit Nichts Neuem zum Kunden fahren, wissen davon ein Lied zu singen.

Wenn Unternehmen der Empfehlung von Peter Drucker folgen, ist eine einfache Schlussfolgerung diese:

Innovation und Marketing ist Aufgabe der Unternehmensführung.

Ein Unternehmer, der Innovation und Mut im Marketing seit Jahren beweist und von Anfang größte Investitionen tätigte, war und ist Dietrich „Didi“ Mateschitz. Der Multimilliardär (Vermögen über 20 Mrd. Dollar 2020). Zusammen mit Chaleo und dessen ältesten Sohn Chalerm Yoovidhya gründete er 1984 Red Bull. Eine Erfolgsgeschichte.

2010 investierte Red Bull 1/3 seines Umsatzes in Marketing. Glaubt man den Zahlen, ist das bis heute so geblieben. Und das bei Umsätzen, die zwischen 3,8 und gut 5 Mrd. Euro groß sind.

 

Jahresumsätze Red Bull

2010 3,8 Mrd. Euro
2011 4,2 Mrd. Euro
2012 4,9 Mrd. Euro
2013 5 Mrd. Euro
2014 5,1 Mrd. Euro
2015 5,9 Mrd. Euro
2016 6 Mrd. Euro
2017 5,3 Mrd. Euro
2018 5,5 Mrd. Euro

 

Wichtig: Marketing ist nicht nur Werbung.
Der Irrtum, Marketing sei nur ein anderes Wort für Werbung, hält sich hartnäckig. Zur Erinnerung, hier der Marketingmix: Product, Place, Price und Promotion (= 4P). Und zum Budget: Ein großer Teil mit durchschnittlich 30% der Marketinginvestitionen sind Personalkosten (Quelle: Mediaworx). Dazu passt auch der Satz:

Marketing is a people business.

Die weiteren 70% entfallen auf Kooperationen, Verträge, Nutzungsrechte, externe Dienstleister wie z.B. Werbeagenturen und Maßnahmen im Bereich Online und Offline. Die Gewichtung zwischen Online und Offline ist dabei abhängig vom Marketingmix, insbesondere vom Place (Distribution), also der Frage, wo gekauft wird: Unternehmen, die online verkaufen, neigen natürlich eher dazu, auch online zu werben, weil die Zielgruppe beim Klick direkt im „Geschäft“ ist. Wer hingegen stationär verkauft, ist häufiger im Print (offline) mit Anzeigen aktiv oder auf Plakaten präsent, um die Zielgruppe direkt von der Straße ins Geschäft zu navigieren.

Zwei Fehler, die für Unternehmen gefährlich werden können
Unternehmer sollten ihre Einstellung gegenüber den Treibern Innovation und Marketing kritisch prüfen. Fehler, die existenzielle Auswirkungen haben können sind:

  1. Unternehmen entwickeln keine eigenen Innovationen und sind überzeugt, dauerhaft im Windschatten der Innovationen der Hersteller erfolgreich sein zu können und
  2. Unternehmen betrachten Marketing als notwendiges Übel oder verwechseln Marketing mit Werbung.

In Fehler 1 steckt auch der Trugschluss, dass kleine Unternehmen wie z.B. Handwerksbetriebe oder 5-Mann-Unternehmen keine Innovationen entwickeln könnten. Das ist nicht nur bedauerlich, sondern auch ein gefährlicher Weg. Unternehmen machen sich damit abhängig. Sind die Hersteller nicht innovativ genug, schlägt das auf deren Kunden – die Unternehmen – durch. Besser ist, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen. Fakt ist. Das ist keine Fähigkeit, die nur großen Unternehmen vorbehalten ist. Jedes (!) Unternehmen kann (und muss) innovativ sein. Sie müssen sogar, denn: Werden deren Wettbewerber zuerst innovativ, müssen diese Unternehmen nachziehen bzw. sind gezwungen, aktiv zu werden – und laufen dem Wettbewerb hinterher. Wer es dagegen schafft, voranzugehen, bestimmt auch die Geschwindigkeit, mit der der Wettbewerb dann fahren muss.

Innovationen sind für jedes Unternehmen möglich. Damit entsteht Differenzierung zum Wettbewerb und macht das Unternehmen für Kunden begehrenswerter.

André Brömmel

Schräg denken allein, reicht nicht. Die Innovation muss Nutzen für die Zielgruppe liefern.
Beispiele von Innovationen, die jedes (!) Unternehmen entwickeln kann:

  • in Produkten (Edelstahl-Wärmetauscher gegen Rost/Patina)
  • in produktgekoppelten Zusatzleistungen (eigene Systemgarantien)
  • in Services (24/7 Notdienst)
  • in Buchhaltung (EC-Karten-Zahlung vor Ort beim Kundendienst)
  • in Preisen (Abonnements, Retainer)
  • in Prozessen (automatisierte Erfassung von Daten)
  • in Kommunikation (Retargeting im Online-Marketing)
  • in Messeständen (neues Standbaukonzept)
  • in Messeauftritten (alternativ Hausmessen, Roadshows, Web-Seminare)
  • in Kundenbesuchen (digital unterstützt)
  • in Auftragsentgegennahme (s. Ideentaxi von Punktmacher)
  • in Kommunikation zu Kunden (Videokonferenzen)
  • in Präsentationen (filmische Vorstellung)
  • u.v.m.

Der Tipp: 2x jährlich Innovationen denken
Unternehmer/innen sollten allein oder zusammen mit etablierten Partnern z.B. ein- oder zweimal jährlich Innovationen denken, aus denen für Kunden wertvolle Nutzen erwachsen können und diese dann durch Marketing bekannt und erfolgreich machen.

Probe machen – diesen Satz verlängern
Um sicher zu stellen, dass die Innovation tatsächlich für die Zielgruppe einen Nutzen stiftet, sollten Unternehmen diesen Satz verlängern:

„Unser Kunde kann durch diese Innovation …“

André Brömmel, 13. April 2020
Auf den Punkt:

Unternehmen, die innovatives Denken ihren Lieferanten und deren Produkten überlassen und Marketing zugleich als notwendiges Übel behandeln, handeln gefährlich. Fakt ist: jedes Unternehmen kann innovativ sein und daraus Differenzierung und Mehrwerte für Kunden entwickeln.