Pain Point – wenn Kunden Schmerzen haben

André Brömmel, 24. Februar 2022
Auf den Punkt:

Herrje: Marketing ist noch immer keine Raketenforschung. Seit „Erfindung“ der 4P haben diese bis heute Bestand. Und das mit Recht. Statt über Marketing zu philosophieren (das übernimmt Punktmacher gern) sollten sich Unternehmen und vor allen Dingen Vertrieb darauf konzentrieren, das „Problem-Auftrag-Prinzip” zu trainieren.

Ohne Problem … kein Auftrag.
Menschen, die das „Problem-Auftrag-Prinzip” infrage stellen, gehen davon aus, dass einem Kauf nicht zwingend ein Problem voraus gehen müsse. Wenn überhaupt, dann wäre von Herausforderung zu sprechen. Eine trügerische Fehlannahme, die mitunter Vertriebsmitarbeiter zu Beratern werden lassen und Unternehmen Umsatz kosten kann.

 

Das „Problem-Auftrag-Prinzip” ist weder neu noch überraschend. Es formuliert nur in einer neuen Eindeutigkeit, warum Kunden etwas Spezielles – nicht beliebiges – kaufen. Und diese Perspektive kann Unternehmen helfen, Umsatz und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden.

André Brömmel, Geschäftsführer von Punktmacher und Freund der klaren Worte

 

André Brömmel, Geschäftsführer und Berater Punktmacher GmbH

 

Wer denkt, ein Mensch rufe einen anderen Menschen an, um sich zu unterhalten oder gar beraten zu werden, der irrt – dieser Mensch sucht jemandem, der sein Problem löst. Und in geschätzt 90% der Fälle sogar jemanden, der das Problem schnell löst.

Steile Thesen, über die Punktmacher gern mit Unternehmern, Marketern und Vertrieblern diskutiert – dabei möchte Punktmacher weniger überreden oder überzeugen müssen, sondern wünscht vielmehr jene, die diese Thesen eher unterstützen, denn unterminieren würden.

  1. Je kleiner das Problem, desto geringer der Druck, zu handeln.
  2. Je pointierter ein Problem artikuliert wird, desto stärker der Wunsch, es loszuwerden.
  3. Je stärker ein Problem verklausuliert wird, desto „peinlicher“ ist es dem, der es beschreibt.
  4. Je drängender das Problem, desto größer die Entscheidungsfreude.
  5. Je gezielter die Fragen, desto schneller tritt das Problem zum Vorschein.
  6. Je emphatischer der Gegenüber, desto offener wird über das Problem gesprochen.

 

Zitat aus dem Buch „1%-Methode – Minimale Veränderung, maximale Wirkung” von James Clear
In seinem Buch „Die 1%-Methode – Minimale Veränderung, maximale Wirkung” erläutert James Clear den vierstufigen Prozess als „endlose Rückkopplungsschleife” bestehend aus Problemphase und Lösungsphase und sagt:

 

Sämtliches Verhalten wird durch den Wunsch getrieben, ein Problem zu lösen. Manchmal besteht das Problem darin, dass man etwas Schönes entdeckt und haben möchte. Manchmal ist das Problem, dass Sie Schmerzen empfinden und diese lindern wollen. So oder so, jede Gewohnheit hat den Zweck, die Probleme zu lösen, mit denen Sie konfrontiert sind.

James Clear, Autor von „Die 1%-Methode – Minimale Veränderung, maximale Wirkung”

 

 

Ein unerwünschter Zustand kann eine Herausforderung oder ein Problem sein, je nachdem, ob die Maßnahmen zur Lösung mit dem Zustand linear verbunden sind oder ob ein komplexer Zusammenhang besteht. Ein Problem eine Herausforderung zu nennen, linearisiert den Zusammenhang nicht, sondern leugnet nur seine Komplexität.

Quelle: Coaching für Projektleiter

 

Punktmacher ist das Sprichwort (und dessen Richtigkeit) bekannt, dass für den, der einen Hammer in der Hand hält, alles aussieht wie ein Nagel. Meint hier: wenn jemand den Begriff Problem stützen möchte, findet er (also Punktmacher) genügend Quellen, die diese Annahme stützen. Und das wäre umgekehrt genauso. Daher erhebt Punktmacher keinen Anspruch darauf, die 100%ige Zustimmung zur Begrifflichkeit eines jeden zu erhalten. Vielmehr ist es die Überzeugung dieser Werbeagentur bzw. dessen Inhabers, dass die Aufgabe seiner Agentur ausschließlich das Lösen unterschiedlichster Probleme ist. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

 

Noch so eine steile These: 2025 werden 1/2 aller Entscheidungsprozesse im B2B durch die Aktivität der Lieferanten in Sachen Nachhaltigkeit stark oder sehr stark beeinflusst. Nachhaltigkeit ist bereits ein Pain Point – ist jedoch noch nicht in allen Einkaufsabteilungen etabliert. Das wird sich dramatisch ändern. Punktmacher positioniert sich daher seit Jahren bereits in diese Richtung: NachhaltigkeitsberichtGründach u.v.m.

 

 

Ob Problem oder Herausforderung – irgendwer wird es lösen

Hersteller wie auch Dienstleister versuchen, Lösungen herzustellen. Sie werden auch nicht müde, dabei den Begriff Lösung zu verwenden. Einem Problem wird durch eine Lösung ersetzt. So einfach sollte es sein. Und wo kein Problem ist, bleibt die Frage nach dem Sinn einer produzierten Lösung. Aber es muss eine Lösung sein.

 

Herausforderung vs. Problem – was der Duden dazu sagt
Der Duden unterscheidet Problem = 1. schwierige [ungelöste] Aufgabe, schwer zu beantwortende Frage, komplizierte Fragestellung und 2. Schwierigkeit. Dagegen sagt der Duden zur Herausforderung = 1. Aufforderung zum Kampf, 2. das Herausfordern, 3. Provokation und 4. Anlass, tätig zu werden.

 

Pain Point kennen – Lösungen verkaufen
Wer den Pain Point (engl. pain = Schmerz) einer Person kennt, ist in der Lage Abhilfe zu schaffen. Interessant ist die Tatsache, dass in diese bezeichnend einfache Frage so wenig Zeit und Geld investiert wird.

 

Unternehmen, die in der Lage sind, Pain Points zu „identifizieren“, können Produkte oder Services auf neuen Märkten und für neue Zielgruppen entwickeln – und erfolgreich vermarkten.

 

Exkurs: mitunter jede zweite Produktneueinführung scheitert in Deutschland
Laut Studien wird der Anteil des Scheiterns von Produkten auf 60 bis 90% beziffert. Exemplarisch sei hier z.B. diese Studie empfohlen.  Die Gründe für das Scheitern von Produkten sind sehr unterschiedlich.

  1. Overconfidence-Effekt
  2. Gruppendruck
  3. Sunk Cost Fallacy
  4. Confirmations Bias
  5. Falsche Kausalität
  6. Action Bias
  7. Verlustversion
  8. Kontrollillusion
  9. Null-Risiko-Bias
  10. Erfolgswahrscheinlichkeit
  11. Rückschaufehler
  12. Induktion
  13. Halo-Effekt (Lesetipp „Der Halo-Effekt: Wie Manager sich täuschen lassen”)
  14. Anreize
  15. Attributionsfehler

Die Gründe lassen sich nicht auf einen Nenner bringen … denn zu oben genannten kommen viele weitere hinzu, die nicht zwingend in korrelativem oder kausalem Zusammenhang stehen. Man kann aber sagen, dass …

 

Vertrieb wird unnötig kompliziert

Vertriebsarbeit könnte leichter sein, wenn „Problem-Auftrag-Prinzip” bekannt und konsequent angewendet würde. Stattdessen werden Unterlagen erstellt, in denen

Klar muss jedem sein: Kein Kunde verschwendet Zeit für einen Termin, wenn er darin keinen Sinn für sich erkennt. Aber jeder Kunde investiert (!) Zeit in einen Termin, wenn er darin eine mögliche Lösung für sein Probleme sieht – man beachte den sprachlichen Unterschied zwischen „verschwenden“ und „investieren“.

 

Literatur zu Marketing, Vertrieb etc.
Jahrelang haben wir zig Bücher gelesen zum Thema Vertrieb, Marketing, Verkauf, Umsatz, Marke, Branding bis hin zur Philosophie. Viele Autoren haben das Talent, viel zu schreiben, aber wenig zu sagen. Nur einige wenige trauen sich, ein bestimmtes Maß an Wissen vorauszusetzen, um auf den Punkt zu bringen, was zu tun oder zu lassen ist. Zu diesen gehören u.a.:
• Simon Sinek z.B. in „Start with Why”
• Martin Limbeck z.B. in „Verkaufen” oder „Nicht gekauft hat er schon”
• Vilim Vasata z.B. in „Radical Brand”
• Richard David Precht z.B. in „Jäger, Hirten, Kritiker”
• Harvard Business Manager, den wir seit 2014 abonnieren

 

Problemlöser Mensch
Wenn mangelnder Kontakt das Problem ist, wird selbst eine Bestell-Hotline zum Problemlöser.

 

Eine QVC-Mitarbeiterin teilte einem Bekannten mit, dass eine ältere Dame seit längerer Zeit bei QVC Produkte regelmäßig telefonisch bestelle. Darunter auch Produkte, die sie offenbar nicht mehr selbst anwenden könne wie z.B. Heckenschere u.ä. Der Wunsch der Dame: Telefonieren. Ein Gespräch führen. Sich mitteilen können.

 

Pain Point, Schmerzen, Probleme – im B2B und B2C angeblich ein Unterschied

Der Unterschied zwischen B2B und B2C beim Verkauf bzw. Kauf

  • B2B: es zahlt das Unternehmen
  • B2C: es zahlt die Privatperson

Bei Unternehmen überwiegt bei der Entscheidung häufig der Begriff „Investition“. Dagegen verwenden Privatpersonen häufiger den Begriff „Ausgabe“. Dabei will keiner von beiden Geld verschwenden, weiß jedoch, dass er die Ausgabe tätigen muss, um die Probleme aus der Welt zu schaffen.

 

Pain Point und Gain Point – ein kurze Erläuterung
In der „Literatur“ wird der Gain Point weniger intensiv beschrieben und das ist nachvollziehbar, denn der kaufauslösende ist nicht er – der Gain Point – sondern immer der Pain Point. Unternehmen, deren Angebot sehr vergleichbar ist und nach mehr Differenzierung suchen, können ihr Angebot erweitern durch z.B. Zusatznutzen, um der Zielgruppe die Entscheidung zu erleichtern.

  • Pain Point bezeichnet eine Situation, die der Mensch als schmerzhaft empfindet – das kann ein Mangelzustand, Unzufriedenheit, Defizit o.ä. bedeuten
  • Gain Point bezeichnet eine Situation, die der Mensch als angenehm empfindet – dieser Zustand kann bei Produkten z.B. durch einen Zusatznutzen hervorgerufen werden

 

Wenn Sie Lust haben, über Marketing, Strategie oder Taktik zu sprechen, machen Sie einen Termin: +49 2043 295084-0

André Brömmel, 24. Februar 2022
Auf den Punkt:

Herrje: Marketing ist noch immer keine Raketenforschung. Seit „Erfindung“ der 4P haben diese bis heute Bestand. Und das mit Recht. Statt über Marketing zu philosophieren (das übernimmt Punktmacher gern) sollten sich Unternehmen und vor allen Dingen Vertrieb darauf konzentrieren, das „Problem-Auftrag-Prinzip” zu trainieren.